Hermann Sudermann im Bilde von Max Slevogt

© Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie

Die Überraschung sollte eine besondere sein. Zu seinem 70. Geburtstag 1927 sannen seine Freunde, Karl Rosner und Robert Kröner, Sohn des Inhabers des Cottaschen Verlages in Stuttgart, über ein passendes und würdiges Geschenk für Hermann Sudermann nach. Der Verlag plante seinen langjährigen Erfolgsautoren auf ausdrückliche Weise zu ehren: ein Porträt aus der Hand eines renommierten Malers, dazu bestimmt, in der Berliner Nationalgalerie dem Publikum den gefeierten Bühnenautoren vor Augen zu führen.

 

Alle Beteiligten waren sich schnell einig, nur die Auswahl des Malers warf Fragen auf. Otto Dix schien zu scharf und entblößend in seiner Porträtkunst, ging es doch auch darum, Hermann Sudermann, den die jahrelange Fehde mit Literaturkritikern dünnhäutig und einsiedlerisch gemacht hatte, zu seinem Ehrentag mit der Öffentlichkeit auszusöhnen. Max Slevogt bot sich als gemäßigterer Vertreter seines Faches an.

 

Doch die Sitzungen im Atelier in der Lietzenburger Straße wollten nicht recht gelingen. Obwohl die Geschenkidee Sudermann eine „verschämte Genugtuung“ bereitete, wurde er steif und verschlossen, sobald er Modell saß. Da mochte Karl Rosner dazu stoßen und ablenkend parlieren, Sudermann blieb in seiner Reserve.  Vielleicht trauerte er seinem eigenen Vorschlag nach, ihn anstelle des Gemäldes mit einem Preisausschreiben zu ehren, das die Stellung der Theaterkritik zu ihm behandeln sollte – eine Idee, die zum Glück, so muss man heute sagen, keinen Widerhall bei seinen Freunden fand. Das fertige Gemälde schien ihm dann „unsympathisch-fremd“.

 

Wir hingegen erblicken heute in dem Porträt ein subtiles Farbenspiel, mit lockerem Pinselstrich in Grau-Braun-Blau ausgeführt, das uns nicht den umjubelten Theaterliebling vor Augen führt, sondern den ernsten, ein wenig melancholischen Sudermann, derjenigen, der auf seinen legendären Sudermannbart schon lange verzichtet hatte und konzentriert an seinem Alterswerk schrieb. Der Abschluss seines Romans „Die Frau des Steffen Tromholt“ stand kurz bevor, in dem er in Erinnerung an seine verstorbene Frau die Höhen und Tiefen einer Ehe rekapitulierte. Nur schade, dass man heute diesem nicht altersweisen, aber alterseinsichtigen Sudermann nur in den Tiefen des Depots begegnen kann. Eine Neuhängung in der Neuen Nationalgalerie Berlin wäre ein Desiderat.