Emanuel Geibel – ein Vergessener unter den Schriftstellern
Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts rechnete man ihn zu den wichtigsten deutschen Schriftstellern und stellte ihn zeitweise sogar neben Goethe und Schiller. Inzwischen ist er weitestgehend vergessen und wenn nicht, schwankt seine Wahrnehmung zwischen zwei Extremen: Er gilt entweder als harmloser Liederdichter oder als ein Vertreter einer unzeitgemäßen nationalistischen Lyrik, so heißt es in der Broschüre zur Sonderausstellung Emanuel Geibel. Aufstieg und Fall eines Umstrittenen, die noch bis zum 31.01.2016 im Lübecker Buddenbrookhaus zu sehen ist.
Trotz seines anderen Werdegangs und eines Werkes mit eigenem Schwerpunkt, ist man versucht, Parallelen zu Hermann Sudermann zu ziehen, dessen Rezeption ebenfalls den umjubelten Höhenflug und das langsame Verblassen kannte. So wie Geibel (1815 in Lübeck geboren und 1884 ebenda verstorben) zu den meist bewunderten und auflagenstärksten deutschen Dichtern der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zählte, war Sudermann der meistgespielte Bühnenautor der wilhelminischen Ära.
Eine Antwort für dieses rasante Vergessen mag in dem raschen Wechsel der literarischen Moden, aber auch in einem literarischen Umfeld liegen, welches vom Schriftsteller politische Stellungnahme erwartete, die je nach Couleur sich späterhin als die nicht zeitgemäße herausstellen mochte. Der Vergleich Geibel – Sudermann kann darin sowie als Exempel für die Flüchtigkeit des Ruhmes durchaus aufschlussreich sein.
http://buddenbrookhaus.de/de/46/ausstellung.html